Marktgemeinde Orth an der Donau
Marktgemeinde ARGE Orth an der Donau
Das Projektgebiet liegt in der Region Marchfeld im Zentrum des Nationalparks Donau-Auen.
In dieser Region ist die Nahversorgung nur in den größeren Gemeinden ausreichend gewährleistet. Mobilität spielt für die immer älter werdende Gesellschaft eine wesentliche Rolle.
Die medizinische Versorgung erfolgt durch 2 Allgemeinmedizinerinnen mit eigener Hausapotheke.
Eine Rettungsstation der Johanniter Unfallhilfe, ein Stützpunkt von NÖ Hilfswerk Marchfeld sowie ein Pflege- und Betreuungszentrum befinden sich direkt im Zentrum. Im Juni 2024 wurde das Wohn- und Lebensprojekt „Haus mit Leben“, ein Wohnhaus für 12 Menschen mit kognitiver Behinderung bzw. mit Mehrfachbehinderungen eröffnet.
Insgesamt umfasste diese Region eine Einwohner:innenzahl (lt. Land NÖ mit Stand 2023) von 3.999 Personen. Der Anteil der über 60-jährigen beträgt rund 31% (14,27% männlich/16,65% weiblich). (https://noe.gv.at/noe/Gaenserndorf/Gemeinden_im_Bezirk_Gaenserndorf.html)
Zielgruppen:
- ältere, zu Hause lebende Menschen mit bestehendem Informations-, Beratungs- und Unterstützungsbedarf in pflegerischen und gesundheitlichen Belangen,
- ältere Menschen vor Eintreten einer etwaigen Pflegebedürftigkeit,
- Pflegende/betreuende An- und Zugehörige im familiären Kontext
- Menschen mit Behinderungen/ Beeinträchtigungen
- Menschen mit chronischen Erkrankungen (Demenz, Diabetes, unheilbare Erkrankungen)
- Familien mit pflegenden Kindern (Young Carers)
Zielsetzungen:
- Stärkung der Gesundheitskompetenz
- Präventiver Hausbesuch
- Netzwerktreffen
- Identifikation von Lücken in der Gesundheitsversorgung der Region
- Stärkung der Wahrnehmung: Gemeinde als attraktiver Lebensmittelpunkt und Sozialraum mit Lebensqualität.
Projektdurchführung
Hauptaktivitäten und Methoden:
- Monitoring und Beobachtung
- Gesundheits- und Pflegeberatung und Gesundheitsförderung sowie Wissensvermittlung (präventiver Hausbesuch)
- Vernetzung und Koordination von Versorgungsangeboten für Individuen und Familien
Ausgangslage für die Planung der Aktivitäten waren die Fragestellungen: „Wie erreiche ich die Menschen der Zielgruppe, insb. in deren Zuhause (präventiver Hausbesuch)? Welche Aktivitäten werden von der Zielgruppe als unterstützend wahr- und angenommen und ermöglichen so die Zielerreichung?“
Neben laufender Öffentlichkeitsarbeit wurden Wege gesucht, um den Unterstützungs- und Beratungsbedarf zu erheben und um gezielte Anreize zur Gesundheitsförderung zu setzen. In Zusammenarbeit mit der Forschungsabteilung der Johanniter NÖ-Wien wurde ein Fragebogen erstellt.
Im Rahmen des Projekts konnten zahlreiche Informationsveranstaltungen, Vortragsreihen, Workshops sowie mehrwöchige Gruppenaktivitäten angeboten werden. Diese fanden in unterschiedlichen Gemeinden und Veranstaltungsorten statt. Regelmäßige Artikel in den Gemeindezeitungen trugen ebenfalls zur niederschwelligen Wissensvermittlung und Informationsweitergabe bei.
Im Rahmen der Veranstaltungen konnte Kontakt zur CN hergestellt und ein individueller Beratungstermin (präventiver Hausbesuch) vereinbart werden Die Zahl der Hausbesuche nahm stetig zu. Nach einem erfolgten Hausbesuch konnte beobachtet werden, dass mind. ein weiterer folgte und sich die besuchten Personen und/oder deren Familien bei Bedarf wieder an die CN wandten.
Projektstrukturen und Projektrollenverteilung
Trägerorganisation Johanniter NÖ-Wien
1 VZÄ Community Nurse mit 37 Wochenstunden
1 Projektleitung Community Nursing
1 Person für die Projektsteuerungsgruppe
Umgesetzte Vernetzung und Kooperationen
Die Vernetzung und Kooperation mit allen Akteuren und Akteurinnen der regionalen Gesundheitsdienstanbietern waren für eine gelingende Zusammenarbeit sowohl im Einzelfall als auch für die Erfassung und Anpassung der regionalen Angebote an die Bedürfnisse der Gemeindemitglieder wichtig. Ebenso bedeutsam war die Kontaktpflege. Zu den ständigen Vernetzungspartner:innen zählten beispielsweise die beiden Allgemeinmedizinerinnen, die Mobile Hauskrankenpflege, das NÖ Pflege- und Betreuungszentrum, die Gesunde Gemeinde, mobile Therapeut:innen, das Hospiz- und Palliativteam, 24- Stunden Personenbetreuungsagenturen, aber auch Sanitätshäuser. Eine gute Zusammenarbeit erfolgte mit den Bezirkshauptmannschaften (Fachgebiet Soziale Verwaltung), Familienberatung Verein ANANAS und den Bürgermeister:innen. Wichtig war auch der Austausch und die Fallbesprechungen mit CNs der Region…
Fazit
Durch die Community Nurse (CN) erhalten pflege- und/oder betreuungsbedürftige Personen und deren unterstützende An- und Zugehörige sowie ältere Personen eine zielgerichtete gesundheitsbezogene Beratung sowie Informationen über individuell, geeignete Unterstützungsmöglichkeiten im eigenen Umfeld. Die kontinuierliche Begleitung durch die CN ermöglicht eine Unterstützung bei der Entscheidungsfindung, so dass gesundheitsbezogene Entscheidungen so lange wie möglich selbst getroffen werden können. Eine (Erwachsenen-)Vertretung kann so verhindert oder hinausgezögert werden. Durch Community Nursing können die aktuellen Lebens- und/oder Arbeitsbedingungen erhoben und auf den Zusammenhang mit der eigenen Gesundheit aufmerksam gemacht werden. Lücken in der Versorgung können auf Gemeindeebene identifiziert und geschlossen werden.
Mitunter ist der Zugang zu vorhandenen Sozialleistungen zu hochschwellig. Hürden kommunikativer (komplexe Antragsformulare und Verfahren, schwierige Sprache), sozialer (Scham, Unsicherheit) und physischer (bauliche und technische Barrieren, die Entfernung zur Behörde, begutachtenden Stelle) Art, können insbesondere ältere und alleinstehende Menschen daran hindern, ihre finanziellen Ansprüche geltend zu machen. Leistungen anlässlich von Alter und Behinderung, werden aber auch aus Informationsmangel nicht in Anspruch genommen. Die CN kann über Ansprüche und Anspruchsvoraussetzungen adäquat informieren und bei der Geltendmachung unterstützen und so einen inklusiven und barrierefreien Zugang zu Sozialleistungen gewährleisten.
Das derzeitige vorherrschend negative Bild vom Altern, kann z. B. durch kontinuierliche Hinweise auf verschiedene Betrachtungsweisen positiv verändert werden. Regelmäßige generationsübergreifende Treffen ermöglichen den Austausch, das Aufzeigen der verschiedenen Seiten des Alterns und motivieren zu einer aktiveren und positiveren Wahrnehmung. Der soziale Zusammenhalt kann durch die CN, die die Gemeindemitglieder kennt, unterstützt/gefördert werden.
Die Vermittlung guter Gesundheitsinformationen ermöglicht, die Gesundheitskompetenz zu steigern.
Durch die CN, eine den Gemeindemitgliedern bekannte Person, können körperliche, psychische und soziale Probleme rechtzeitig identifiziert, aber auch Ressourcen aktiviert werden.
Entlastungsmöglichkeiten und Bewältigungsstrategien, können durch die CN z.B. im eigenen Zuhause aufgezeigt werden. Die kontinuierliche Begleitung ermöglicht es ihr, belastende Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit frühzeitig wahrzunehmen. Im geschützten Rahmen können Sorgen, Ängste und Bedürfnisse angesprochen und bei Bedarf geeignete Unterstützungsdienste vermittelt werden. Pflegende An- und Zugehörige werden davor bewahrt, die Grenzen der eigenen Leistungsfähigkeit zu überschreiten. Heimaufnahmen können so verhindert oder hinausgezögert werden. Dadurch können pro Person Kosten i.H.v. durchschnittlich € 20.000 im Jahr (bei mobiler Pflege und Betreuung und unter Berücksichtigung der Kosten von CN) gespart werden.