Marktgemeinde Grafenwörth
Marktgemeinde Grafenwörth
Community Nurses sind zentrale, neutrale und niederschwellige Ansprechpersonen auf Gemeindeebene, die durch ihr umfassendes Leistungsspektrum den Ärztemangel im ländlichen Raum kompensieren und ungedeckte Bedarfe älterer, gebrechlicher oder kranker Personen erkennen und bearbeiten. Dies geschieht einerseits im Rahmen der aufsuchenden Leistung (betroffene Personen treffen die CN am Standort) und andererseits durch Hausbesuche, wo die CN in der Lebenswelt der betroffenen Person Alltagshürden erkennen und minimieren kann. Personen die aufgrund von Krankheit, Gebrechen oder anderen Belastungen Information und Unterstützung im Gesundheitssystem benötigen, werden durch die CNs zielgerichtet zur nötigen Stelle/Information oder Förderungen/Unterstützungsleistung gebracht und bei Bedarf bei Antragsstellungen unterstützt. Darüber hinaus werden bedarfsorientierte Leistungen wie Workshops, Vorträge oder soziale Treffen angeboten.
Die Projektregion Grafenwörth weist einen hohen Anteil, der Altersgruppe 75+ auf; etwa 40 Prozent leben in Einpersonenhaushalten. In den letzten 20 Jahren hat sich die Anzahl der Personen über 65 Jahren verdoppelt. Die weitläufige Gemeinde mit knapp 4.000 Einwohnern erstreckt sich über 46 Quadratkilometer und verfügt über nur eine Hausärztin.
Die Projektstruktur und Rollenverteilung gestaltet sich bei Community Nursing Grafenwörth wie folgt:
Die CN ist als Einzelperson tätig und mit einem Vollzeit-Äquivalent direkt bei der Gemeinde angestellt. Die Praxis-Räumlichkeiten der CN, befinden sich in einem barrierefreien Gebäude zentral im Ortskern. Die Projektleitung wird vom Amtsleiter der Gemeinde übernommen. Der Austausch mit dem Auftraggeber findet je nach Bedarf statt. Wird Unterstützung bei der Projektumsetzung benötigt, wird diese von der Gemeinde immer gewährt.
Seit Projektbeginn wurden interessierte und vulnerable Personengruppen identifiziert und montiert. Die Zielgruppen wurden in drei Beratungssituationen eingeordnet
- „BERATUNG BEI GUTER GESUNDHEIT“ entspricht der aufsuchenden Leistung der CN im häuslichen Umfeld. Zielgruppe sind Rat suchende Personen, welche sich ihrem Alter entsprechend gesund und fit fühlen und diesen Zustand möglichst lange aufrechterhalten wollen.
- Mit „BERATUNG BEI BESTEHENDEM GESUNDHEITSPROBLEM“ wird die aufsuchende Leistung der Community Nurse im häuslichen Umfeld bei bereits bestehender Erkrankung und/oder Beeinträchtigung, beschrieben.
- „BERATUNG ZUR ENTLASTUNG PFLEGENDER ANGEHÖRIGER“ richtet sich an pflegende Angehörige, und soll einerseits professionelle Unterstützung für deren Anliegen gewähren und Möglichkeiten zur Entlastung aufzeigen.
Folgende Zielsetzungen wurden im Pilotprojekt verfolgt:
BERATUNG BEI GUTER GESUNDHEIT:
Information, Beratung und Anleitung zur Erhaltung und Förderung von Gesundheit, Krankheitsvermeidung und selbständige Lebensführung im Alter. Lebenssituationsorientierte Ausschöpfung präventiver und gesundheitsförderlicher Potenziale, Verbesserung des funktionalen Status und Verzögerung von Pflegebedürftigkeit werden hier angestrebt. Bewusstwerdung von Gesundheitsrisiken (auch soziale Isolation) und Minimierung dieser.
BERATUNG BEI BESTEHENDEM GESUNDHEITSPROBLEM:
Durch Information, Beratung, Anleitung und Schulung sollen betroffene Personen befähigt werden, mit ihrer Erkrankung und/oder Beeinträchtigung im Alltag besser zurecht zu kommen. Lebensqualität, Vermeidung von Komplikationen durch Steigerung der Gesundheitskompetenz sowie Steigerung der Selbstwirksamkeit im Umgang mit der eigenen Gesundheit/Krankheit sollen gefördert werden.
BERATUNG ZUR ENTLASTUNG PFLEGENDER ANGEHÖRIGER:
Pflegenden Angehörige sollen entlastet werden, indem die Pflegesituation im häuslichen Umfeld für alle beteiligten Personen optimal gestaltet wird. Darüber hinaus fungiert die CN als Sicherheitsanker, bei Bedarf jemanden an der Seite zu haben/fragen zu können.
Nachstehende Aktivitäten und Methoden wurden umgesetzt:
BERATUNG BEI GUTER GESUNDHEIT:
Die strukturierte Risikoerfassung & Analyse des Unterstützungs- und Interventionsbedarfs:
- Mobilität & Sturz: Risiken/Ursachen erkennen; Verminderung von Sturzangst; Vorbeugen von Stürzen und Folgen.
- Kognition: erkennen kognitiver Einschränkungen/abnehmender Fähigkeiten; Sensibilisierung Demenz.
- Schmerz: erkennen, vorbeugen insbesondere bei nicht akuten Schmerzen
- Ernährung: erkennen von Risiken der Mangel-, Fehlernährung; gesunde ausgewogene Nahrungsaufnahme in bestimmten Lebenslagen.
- Hören/Sehen: erkennen von Problemen (fehlende/unpassende Hilfsmittel)
- Lösungsunterstützung Blasenkontrolle: erkennen von Inkontinenz und Hilfestellung im Umgang mit den Hilfsmitteln im Alltag
- Familiäres/soziales Netzwerk: erkennen von Unstimmigkeiten innerhalb familiärer/sozialer Strukturen sowie sozialer Isolation
- Case Management: Vermitteln einer kontinuierlichen Betreuung im interprofessionellen Team.
- Gemeinsame Maßnahmenplanung im Sinne der Prävention, damit die betroffene Person in ihrer gewohnten Umgebung sicher alt werden kann.
BERATUNG BEI BESTEHENDEM GESUNDHEITSPROBLEM
- Methoden der Datenerhebung mittels Pflegeanamnese und körperliche Untersuchung inkl. Erhebung der Vitalparameter bzw. Beobachtung und Absprache im interprofessionellen Team.
- Selbstständige Lebensführung: Wo sind die Hürden, dass die Person ihr Leben nicht mehr selbst bewältigen kann? Benötigt die Person Hilfsmittel/Unterstützung, damit das Leben in den eigenen vier Wänden wieder selbst bewerkstelligt werden kann? Welche weiteren Gesundheitsberufe oder Gesundheitsdienstleister können die Person in der Krankheit unterstützen?
- Auswirkungen der Erkrankung in den verschiedenen Lebensbereichen: Einfluss auf das Umfeld? Können die bisherigen Interessen noch verfolgt werden?
- Subjektives Krankheitserleben und Copingstrategien: Wie wird die Krankheit persönlich empfunden? Gibt es schambehaftete Themen? Besteht ein Vertrauen in die eigenen Einflussmöglichkeiten betreffend die Gesundheit?
- Steigerung der Gesundheitskompetenz: Was bedeutet die Erkrankung für meinen Alltag? Wie kann ich mit der Erkrankung umgehen? Vorbereitung auf Gespräche mit dem Gesundheitspersonal
- Die identifizierten Probleme werden so bearbeitet, dass eine Stabilisierung/Verbesserung der Situation im Sinne der betroffenen Person erreicht wird.
BERATUNG ZUR ENTLASTUNG PFLEGENDER ANGEHÖRIGER:
- Aktivitäten sind die Erhebung der Belastungen der pflegenden Angehörigen sowie des Pflegebedarfs der pflegebedürftigen Person.
- Die Community Nurse als neutrale Person, als Vermittlerin oder Managerin, in der Familie für die zukünftigen Pflegeaufgaben: Wer sind weitere Personen im Umfeld, die sich an der Pflege beteiligen können und/oder Entlastungen für die involvierten Personen schaffen können?
- Auch die Information über Entlastungsmöglichkeiten und Finanzierbarkeit sowie Angebote in der Umgebung, inkl. Unterstützung/Übernahme in der Organisation und Anleiten zu gewissen Pflegetechniken (richtiges Positionieren, Transfer) sind durchgeführt - Interventionen der CN.
- Letztlich ist die Unterstützung pflegender Angehöriger die eigenen Bedürfnisse ins Bewusstsein zu rücken, ein wesentlicher Part der CN-Beratung.
Folgende Zielsetzungen wurden im Pilotprojekt auf der Gemeinde- und Systemebene verfolgt:
Die CN als zentrale Ansprechperson vor Ort vermittelt Information betreffend das regionale Angebot der Gesundheits- und Sozialdienstleister sowie der vorhandenen Ressourcen aus dem beschriebenen Netzwerk. Die CN vertritt die Interessen von Einzelpersonen und Gruppen auf Gemeindeebene. Die identifizierten Versorgungslücken werden im aufgebauten Netzwerk thematisiert und gemeinsam nach Lösungen gesucht. Die CN initiiert Gemeinschaftsaktivitäten/Informationsveranstaltungen nach Bedarf in der Region.
Nachstehende Aktivitäten und Methoden wurden Gemeinde- und Systemebene umgesetzt:
- Die CN als zentrale Anlaufstelle auf Gemeindeebene, bei welcher die Informationen bezüglich Angebote über Gesundheits- und Sozialdienstleistungen zusammenlaufen.
- Des Weiteren baut die CN ein Netzwerk mit den Stakeholdern auf und pflegt diesen Austausch.
- Die CN erhebt die Bedarfe von Personen, Gruppen und der Gemeinde/Region. Gemeinsam mit den Akteuren der Gemeinde, Anbietern von Gesundheits- und Sozialdiensten, ehrenamtlichen Vereinen/Personen wird eine Lösung zur Deckung des erhobenen Bedarfes gesucht. Hier nimmt die CN die Rolle der Fürsprecherin/des Fürsprechers und Initiatorin/Initiator ein.
Im Anschluss werden Kooperationen und Vernetzung im Pilotprojekt Community Nursing Grafenwörth thematisiert. Die Netzwerkpflege mit Anbietern des Gesundheit- und Sozialsystems gestaltet sich sehr individuell mittels Treffen oder Telefonaten. Der Austausch mit ortsansässigen Ärztinnen und Ärzten ist relevant, um eine multiprofessionelle Zusammenarbeit zu gewährleisten. Mobile Dienste sind ein wichtiger Netzwerkpartner, um hier die beschränkten, regionalen Ressourcen effizient auszuschöpfen. Das Schnittstellenmanagement mit dem Entlassungsmanagement der Kliniken ist unerlässlich, um einen fließenden Übergang vom Krankenhaus in die häusliche Umgebung zu vollziehen.
Neben dem Gesundheitsdienst sind die Obfrauen und -männer der regionalen Vereine wichtige Netzwerkpartner: Auch sie nehmen in Ihrer Funktion ungedeckte Bedarfe wahr, und dienen als Knotenpunkt für Veranstaltungen und Workshops.
Kooperationen mit der „Gesunden Gemeinde -TUT Gut“ fanden immer wieder statt und der Kontakt wird mittels regelmäßiger Treffen gepflegt.
Durch die engmaschige regionale Vernetzung kann erhobenen Bedarfen sinnvoll begegnet werden und Ressourcen somit effizient genutzt werden: So wurde beispielsweise die Lücke für sportliche Angebote im Sitzen identifiziert. Dieser Bedarf wurde mit der Sportunion thematisiert, welche daraufhin eine Sesselgymnastikgruppe initiiert hat. Mittlerweile ist diese zu einem fixen Bestandteil des Programmes der Sportunion geworden.
„Gemeinsam statt einsam“ – so lautet das Motto des Gesundheitstreffs und soll der Einsamkeit im Alter entgegenwirken. In einem ungezwungenen Umfeld werden alte Kontakte gepflegt und neue geknüpft. Auch erhält man hier regelmäßige Informationen zu den Angeboten in der Gemeinde und auch die Vernetzung mit Vereinen passiert hier sehr niederschwellig. Der Gesundheitstreff stellt somit die Erstanlaufstelle für den Wunsch nach mehr persönlichen Gesprächen dar und des Weiteren wird hier der Kontakt zur CN gepflegt.