Stadtgemeinde Leoben
Stadtgemeinde Leoben
Ausgangslage
Die demografische Überalterung der Bevölkerung stellt eine große Herausforderung in der Projektregion dar. In den kommenden Jahrzehnten wird ein signifikanter Anstieg der älteren Bevölkerung erwartet, was zu einem erhöhten Pflegebedarf führen und das Gesundheits- und Pflegesystem herausfordern wird. Diese Entwicklung ist eng mit verschiedenen Gesundheitsdeterminanten verknüpft, die sowohl die Lebensqualität als auch die Lebensdauer der älteren Menschen beeinflussen.
Ein zentraler Aspekt ist die steigende Lebenserwartung, die durch medizinische Fortschritte, verbesserte Lebensbedingungen und präventive Gesundheitsmaßnahmen erreicht wurde. Gleichzeitig führt die Zunahme chronischer Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz zu einem höheren Pflegeaufwand. Die Notwendigkeit, diese Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, wird entscheidend sein, um den Pflegebedarf in Zukunft zu reduzieren.
Darüber hinaus spielen soziale Faktoren eine wesentliche Rolle. Einsamkeit und soziale Isolation sind häufige Probleme bei älteren Menschen, die sich negativ auf ihre Gesundheit auswirken können. Der Zugang zu sozialen Netzwerken und Unterstützungsdiensten ist daher von großer Bedeutung, um die Lebensqualität zu verbessern und den Pflegebedarf zu verringern.
Setting
Das Projektgebiet umfasst die Stadtteile Mühltal/Lerchenfeld und Donawitz sowie die Seniorenwohnhäuser in der Innenstadt der Stadtgemeinde Leoben. In diesen Gebieten leben viele ältere Personen, Personen mit geringem Einkommen und Personen mit Migrationshintergrund. Die Hausbesuche werden im gesamten Stadtgebiet durchgeführt.
Die Bevölkerungsstruktur zeigt eine deutliche Überalterung der Bevölkerung. Der Anteil der 65 – 79-Jährigen liegt bei 16 % und der 80 und über 80-Jährigen liegt bei 8 %.
In der Stadt Leoben leben 3.329 65-79-Jährige und 1.954 Menschen im Alter von 80+ Jahre. Es wohnen 25 % Nicht österreichische Staatsbürger:innen in der Pilotregion, wovon 319 im Alter von 65-79 Jahren und 34 Personen 80+ Jahre alt sind.
Besondere Bedarfe wurden in der zu Beginn des Projektes durchgeführten Befragung mit einer Stichprobe von n=117 Personen (ab 65 Jahre, 41 % waren über 79) erhoben.
Dabei wurde festgestellt, dass 78 % der Befragten alleinstehend sind, 81 % Kinder haben (davon 41 % 2 Kinder). 91 % haben angegeben, dass sie sich regelmäßig in Form von Spaziergängen, Gymnastik oder andere täglich bis mehrmals wöchentlich bewegen. Wenn keine Bewegung stattfindet, dann meistens aufgrund von Schmerzen. 52 % machen sich Sorgen zu stürzen, aber nur 9 % nehmen an einer Sturzprävention teil. 60 % haben angegeben, dass sie kein Interesse an einer Sturzprävention haben, 31 % würden gerne teilnehmen. 51 % der Proband:innen ist auf Hilfsmittel beim Gehen angewiesen (davon verwenden 38 % einen Rollator). Der Großteil der Befragten hat angeführt, immer oder meistens Appetit zu haben und sie nehmen mehrmals am Tag Mahlzeiten zu sich. 86 % der Teilnehmer:innen haben angegeben, dass sie keine Probleme beim Schlucken haben, 74 % leiden an chronischen Erkrankungen, davon 29 % an Bluthochdruck, gefolgt von Herz- Kreislauferkrankungen, Beschwerden des Bewegungsapparates oder Diabetes. 90 % nehmen aus diesen Gründen regelmäßig Medikamente ein, die meisten 2 – 3 oder über 5. 88 % treffen sich regelmäßig mit ihrem sozialen Umfeld, der Großteil mehrmals wöchentlich. 86 % der Befragten fühlen sich nicht einsam. 57 % benötigen Unterstützung im Alltag vorwiegend im Haushalt, beim Einkaufen, der Körperpflege und bei der Essenszubereitung. 63 % werden dabei von Angehörigen unterstützt und 59 % von externen Diensten (Essen zuhause, Hauskrankenpflege, Reinigungsdienst, Heimhilfe). Der Großteil der Befragten gibt an, zufrieden mit der Lebenssituation zu sein. Mehr Unterstützung wünschen sich die meisten im Haushalt und bei der Reinigung der Wohnung.
Zielgruppen
Die Zielgruppen des Projekts umfassen hauptsächlich ältere Menschen über 75 Jahre in den Stadtteilen Mühltal/Lerchenfeld und Donawitz sowie in den Seniorenwohnhäusern der Stadtgemeinde Leoben. Eine erweiterte Zielgruppe sind Personen ab 65 Jahren, deren Gesundheitskompetenz schlecht ausgeprägt ist oder die erkrankt sind. Ein besonderes Augenmerk lag in den genannten Projetgebieten Lerchenfeld und Donawitz auf Personen mit geringem Einkommen, Personen mit Migrationshintergrund und Personen ohne Familienangehörige, mit dem Ziel deren Zugang zu gesundheitsförderlichen Maßnahmen zu fördern.
Zielsetzung
Das übergeordnete Ziel war es, einen besseren Überblick über den Bedarf von Menschen ab 65 Jahren, insbesondere ab 75 Jahren, im Bereich Gesundheit und Pflege im Untersuchungsgebiet zu erhalten. Dieser Überblick wurde einerseits durch die Ergebnisse der Erhebung, andererseits durch die Beratungsgespräche und Aktivitäten der Community Nurses gewonnen. Daraus wurde der Vitalpass für Senior:innen mit Programmpunkten zu Bewegung, Ernährung und sozialer Teilhabe entwickelt und in der Gesundheitsförderung der Bevölkerung als festes Programm etabliert.
In Bezug auf die Zielgruppen stehen die Stärkung des Selbsterhalts und die Förderung der Gesundheitskompetenz im Vordergrund. Die Community Health Nurses fungieren als Anlaufstelle für Informationen und Beratungen und fördern mit Präventionskonzepten und -maßnahmen die Gesundheitskompetenz. Ein weiterer Fokus, der sich im Laufe des Projektes ergeben hat, liegt bei der Begleitung chronisch erkrankter Personen, der Beratung bei eintretender Pflegebedürftigkeit und der Beratung von Angehörigen.
Mit lokalen und regionalen Stakeholdern wurden Lücken im Gesundheits- und Pflegesystem in der Pilotregion identifiziert und diskutiert. Ziel war es, die Aktivitäten und Leistungen der unterschiedlichen Akteur:innen aufeinander abzustimmen und bei Pflege- und Betreuungsangelegenheiten verstärkt koordiniert zusammenzuarbeiten, beispielsweise durch Kooperationen, gemeinsame Fallbesprechungen oder abgestimmte Angebote.
Projektdurchführung - Aktivitäten und Methoden
Die Aktivitäten und Methoden des Projekts umfassen verschiedene Bereiche, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Zielgruppen zu fördern. Dazu gehören:
- Erhebung und Monitoring: Es wurden Daten zur Gesundheit der Zielgruppen gesammelt und systematisch analysiert, um Personen mit nicht erkanntem Pflegebedarf, Gesundheitsrisiken und verdeckten Gesundheitsproblemen zu identifizieren.
- Information, Edukation und Beratung: Pflegeberatung, Gesundheitsberatung, Hausbesuche sowie Wissensvermittlung fanden im Rahmen der Sprechstunden der Community Nurses und durch Maßnahmen des Vitalpasses statt. Regelmäßige Workshops und das Monatsblatt im Stadtmagazin trugen ebenfalls zur Wissensvermittlung und Gesundheitsförderung bei.
- Pflegeinterventionen, Koordination und Vernetzung: Maßnahmen zur Verhütung von Krankheiten und Unfällen sowie zur Erhaltung und Förderung der Gesundheit wurden in Kooperation mit verschiedenen Partner:innen angeboten. Dazu gehören z.B. Sturzpräventionskurse, Resilienz-Workshops und Erste-Hilfe-Kurse.
- Fürsprache und Interessensvertretung: Die Community Nurses planten Informationsangebote nach lokalen Bedarfen und stimmten sich regelmäßig mit Stakeholdern aus dem Gesundheits- und Pflegebereich ab (z.B. Pflegedrehschreibe, Entlassungsmanagement, mobile Dienste).
- Bewusstseinsbildung und Kompetenzentwicklung: Workshops, Kurse und Seminare in den Bereichen Ernährung, Bewegung und soziale Teilhabe wurden im Rahmen des Vitalpasses angeboten. Durch Öffentlichkeitsarbeit im Stadtmagazin und in sozialen Medien wurde die Bevölkerung über die Angebote informiert.
Projektstrukturen und Projektrollenverteilung
Projektauftraggeber ist der Bürgermeister der Stadtgemeinde Leoben sowie seine Vertreterin die Vizebürgermeisterin und der Finanzstadtrat. In die Steuerungsgruppe wurden zusätzlich der Stadtamtsdirektor, die Finanzdirektorin und der Personalleiter der Stadtgemeinde Leoben aufgenommen. Die Projektleitung hat die Leiterin der Abteilung Soziales und Gesellschaft über. Das Projektteam besteht aus der Fachbereichsleiterin Generationen und Begegnungszentren, den 2 Community Nurses, der Seniorenbetreuerinnen der Begegnungszentren sowie der Seniorenbetreuerinnen der Seniorenwohnhäuser in der Innenstadt. Als externe Kooperationspartner:innen wurde das Rote Kreuz Landesverband Steiermark, die lokalen mobilen Dienste, die Pflegedrehscheibe der Bezirkshauptmannschaft aufgenommen. Der Fachbeirat bestand aus dem Entlassungsmanagement des LKH Hochsteiermark, der Referatsleiterin Soziales, Familie und Frauen sowie dem Referatsleiter Bau- und Straßenpolizei, Sicherheit (Sanitätspolizei). Als externe Projektberatung wurden Frau Barbara Hammerl und Frau Franziska Schruth vom Stadtlabor Graz hinzugezogen.
Umgesetzte Vernetzungen und Kooperationen
Es wurden im Projektzeitraum 5 Stakeholder-Meetings durchgeführt. Die Stakeholdergruppe bleibt auch im Folgeprojekt erhalten und wird weitergeführt. Im Laufe des Projektes hat sich ein zweites Netzwerk etabliert „Demenzfreundliche Stadt Leoben“ mit lokalen und regionalen Akteur:innen aus dem Gesundheits- und Pflegebereich.

